update 13.03.2005

Die Besprechung der Ergebnisse der CT-Untersuchung an der Mumie des Königs Tut-anch-Amun erfolgte am 3. und 4. März 2005. Die Wissenschaftler waren sich in fast allen Punkten einig.

Zusammenfassung

Zustand der Mumie:
Hauptsächlich wegen der Zerstörungen, die durch das Team Howard Carters erfolgten, ist die Mumie des Königs in einer sehr schlechten Verfassung. Der Körper ist in Einzelteile zerlegt; obere und untere Glieder sind abgetrennt. Viele Teile, die ursprünglich noch vorhanden waren, werden vermisst. Im Sand sind jedoch einzelne lose Fragmente auszumachen. Knochen und Haut sind an vielen Stellen gebrochen. Die Arme des Königs waren ursprünglich über der Brust gekreuzt, liegen aber nun an den Seiten.

Sterbealter:
Tut-anch-Amun war ungefähr 19 Jahre alt, als er starb. Die Aussage basiert auf folgenden Beobachtungen und auf modernen Entwicklungstabellen:
Die Verbindung der Epiphysen (Teile der Knochen, die für das Wachstum bis zu einem bestimmtem Alter verantwortlich sind), zeigen die  Entwicklung eines jungen Mannes von 18 bis 20 Jahren.
Alle Schädelnähte sind noch mindestens teilweise geöffnet.
Die Weisheitszähne sind nicht vollständig durchgebrochen. Einer von ihnen (oben links) ist eingewachsen und dort zeigt sich eine geringfügige Dünnwandigkeit zur oberen Nebenhöhle. Dieses war nicht lebensbedrohend und es gibt keine Anzeichen einer Infektion.

Allgemeiner Gesundheitszustand:
Nach seinen Knochen zu urteilen, war der König im allgemeinen von guter Gesundheit (seine inneren Organe befinden sich - wie bei ägyptischen Mumien üblich - nicht mehr im Körper und wurden folglich nicht analysiert). Es gibt keine Zeichen von Unterernährung oder von ansteckender Krankheit während der Kindheit. Seine Zähne sind in ausgezeichnetem Zustand, und er scheint gut ernährt und behandelt worden zu sein.

Größe im Leben:
Tut-anch-Amun war ungefähr 170 Zentimeter groß, wie von den Abmessungen des Schienbeins extrapoliert wurde.  Er war von zartem Körperbau.

Schädelform:
Tut-anch-Amun hatte einen länglichen (dolichozephalen) Schädel. Die Schädelnähte sind nicht frühzeitig zusammengefügt. Demnach liegt wahrscheinlich eine normale anthropologische Veränderung vor, keine pathologische.

Gaumenspalte und Überbiss:
Der König hatte eine kleine Spalte im Gaumen, jedoch keine Hasenscharte oder andere Gesichtsdeformationen. Seine unteren Zähne sind ein wenig falsch ausgerichtet. Er hat große vordere Schneidezähne und den Überbiss, der auch für andere Könige seiner Familie charakteristisch ist (die Linie der Tuthmosiden, was auch die Vaterschaft Echnatons erhärtet)

Skoliose:
Es gibt einen geringfügigen Knick im Rückgrat, jedoch stimmen die Wissenschaftler darin überein, dass dieses nicht eine pathologische Skoliose ist, da es keine Verdrehung und keine dazugehörige Deformation der Wirbel gibt.  Es ist am wahrscheinlichsten, dass der Knick durch die Positionierung beim Balsamieren verursacht wurde.

Gehirnextraktion:
Die nasalen Scheidewände wurden durch die Balsamierer zerstört und das Gehirn wurde durch die Nase extrahiert.

Einbalsamieren des Kopfes

Wahrscheinlichste Verfahrensweise:
Alle Wissenschaftler stimmen zu, basierend auf den mit  unterschiedlicher Dichte erscheinenden Materialien und der Weise, in denen die Einbalsamierungsflüssigkeiten (jetzt vollständig verfestigt) erscheinen, dass verschiedene Arten dieser Flüssigkeiten mehrmals durch die Nase in den Schädelraum eingeführt wurden.  Anfangs lag der Körper auf seiner Rückseite und die Einbalsamierungsflüssigkeit lief an der Rückseite des Schädels zusammen. Später wurde der Kopf irgendwie angekippt und die Einbalsamierungsflüssigkeit lief am oberen Schädel zusammen.

Mögliche andere Verfahrensweise:
Ein Teile des Teams sieht einen anderen Weg, durch den die Einbalsamierungsflüssigkeit in den unteren Schädelraum gelangte, nämlich durch die hintere Schädelhöhle. In diesem Bereich gibt es zwei Schichten verfestigten Materials mit einer anderen Dichte als im oberen Bereich.  Der oberste Wirbel und die große Öffnung an der Unterseite des Schädels sind zerbrochen. Dies könnte geschehen sein um eine Öffnung zu erhalten, durch die die Einbalsamierungsflüssigkeit ins Innere gegossen wurde, oder aber auch von der Mannschaft Carters verursacht worden sein, als sie den Kopf von der Totenmaske entfernte.  Die Meinungen des Teams ist hier geteilt. Ein Teil sieht keinen Beweis für einen Einbalsamierenweg durch die rückwärtige Schädelöffnung und bleibt bei der Einbalsamierung durch die Nase bei der Beschädigung durch Carter.

Die Mord-Theorie:
Das gesamte Team stimmt darin überein, dass es am Schädel von Tutanchamun keinen Beweis für einen Mord gibt. Es gibt keinen Bereich auf der Rückseite des Schädels, der einen teilweise verheilten Schlag anzeigt. Es gibt zwei Knochenfragmente, die sich lose im Schädel befinden. Diese können nicht von einer Verletzung vor dem Tod herrühren, da sie am Einbalsamierungsmaterial haften. Die Wissenschaftler sehen diese Teile zusammen mit dem zerbrochenen oberen Wirbel und glauben, dass diese entweder während des Einbalsamierungsprozesses oder durch die Mannschaft Carters verursacht wurden.

Gebrochenes Bein?
Das Team hat einen Bruch des linken unteren Oberschenkels, auf dem Niveau der Epiphyse, bemerkt. Dieser Bruch sieht anders aus als die vielen Brüche, die von der Mannschaft Carters verursacht wurden:  er hat zackige anstatt scharfe Ränder, und es gibt im Inneren zwei Schichten von Einbalsamierungsmaterial. Ein Teil des Teams sieht darin einen Hinweis, dass dieses nur entweder noch zu Lebzeiten oder während des Einbalsamierungsprozesses geschehen sei und nicht von der Mannschaft Carters verursacht worden sein kann. Sie merken an, dass diese Art von Brüchen, anders als die meisten anderen, bei jungen Männern kurz vor dem 20. Lebensjahr möglich sind und argumentieren, dass ein Bruch zu Lebzeiten am wahrscheinlichsten sei. Es gibt keinen offensichtlichen Beweis für einen Heilungsprozess, wenn auch die Möglichkeit besteht, dass es welche gibt, die jedoch durch das Einbalsamierungsmaterial verdeckt sind. Sollte die Hautwunde noch geöffnet gewesen sein, müsste  dieser Bruch nur kurze Zeit, also Tage, vor dem Tod geschehen sein. Carters Team hatte bemerkt, dass die Kniescheibe dieses Beines lose war (sie ist jetzt vollständig abgetrennt und war eigentlich mit der linken Hand eingewickelt gewesen). Mögliche weitere Beschädigungen an diesem Teil des Körpers sind dadurch nicht auszumachen. Der Teil des Teams, der zu dieser Theorie neigt, sieht auch einen Bruch der rechten Kniescheibe und rechten unteren Beines. Darauf basierend schlagen sie vor, dass der König einen Unfall erlitten haben kann, bei dem er sich einen schweren Bruch zuzog mit offener Wunde. Obgleich der Bruch selbst nicht lebensbedrohend gewesen sein kann, könnte sich eine innere Infektion eingestellt haben. Es ist auch möglich, jedoch wenig wahrscheinlich, dass der Bruch durch die Balsamierer verursacht wurde.

Kein gebrochenes Bein?
Ein anderer Teil der Wissenschaftler glaubt, das das oben beschriebene Szenario absolut nicht möglich ist. Sie bleiben dabei, dass der Bruch nur von der Mannschaft Carters während der Entnahme des Körpers aus dem Sarg verursacht worden sein kann. Sie argumentieren, dass, wenn man solch einen Bruch im Leben erleidet, vieles für Blutungen oder Hämatome spricht, die im CT-Scan jedoch nicht vorhanden sind. Sie glauben, dass die Einbalsamierungsflüssigkeit von der Mannschaft Carters in den Bruch gedrückt wurde.

Fehlende Rippen und Brustbein:
Das Brustbein und ein großer Teil der vorderen Rippen fehlen. Die Enden der fehlenden Rippen sind sauber, offenbar durch ein scharfes Instrument, abgeschnitten.  Das Team stimmt darin überein, dass dies kein Trauma gegen den Brustkorb widerspiegeln kann, da ein solches Trauma auch anderweitig im Körper reflektiert worden wäre (besonders an den Wirbeln). Die Meinung unter den Wissenschaftlern ist geteilt, ob die Rippen und das Brustbein nun von den Balsamierern oder von der Mannschaft Carters entfernt wurden. Carter erwähnt nicht, dass die Rippen und das Brustbein fehlten. Auf ersten Fotos aus dieser Zeit sind ein Perlenkragen und eine Perlenkette zu sehen, die den Brustkorb bedecken. Folglich ist es möglicherweise wahrscheinlicher, dass dieser Bereich des Körpers, der jetzt vollständig fehlt, von der Mannschaft Carters entfernt wurde, um die vorhandenen Schmuckstücke zu entnehmen (obwohl er selbst es nicht erwähnt). Weitere Untersuchungen sollen Klarheit in diese Angelegenheit bringen.

Einbalsamierungsprozess:
Das Team stellt wegen des Vorhandenseins von mindestens fünf unterschiedlichen Arten von Einbalsamierungsmaterial und des Ablaufes in mehreren Schritten fest, dass die Mumifizierung sehr sorgfältig vorgenommen wurde. Das widerspricht der bisherigen Ansicht, der König sei sehr hastig und nachlässig mumifiziert worden.

Fehlender Penis:
Obgleich sie nicht sicher sein können, glauben die Wissenschaftler, dass sie den Penis des Königs im losen Sand um den Körper lokalisiert haben. Der Penis war zu Carters Zeiten noch vorhanden, bei einer  Prüfung 1968 jedoch nicht mehr aufgefunden worden. Es gibt dort auch viele weitere Fragmente, die zu anderen fehlenden Teilen (z.B. einem Daumen) gehören könnten.

(aus guardians.net übersetzt durch Gitta Warnemünde)


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